Fieberkurve des Nürburgrings
Habe gerade diese 9Min. Nordschleifen-Runde mit Hans Hermann aus 1961 hier (mit Zusatzinfos) gefunden.
Sehr spannend beschrieben, wie ich finde: Mein F-I-Porsche steht schon an der Linie auf der 20 Meter breiten Startbahn vor dem Zeitnehmer-Haus. Der Motor ist warmgelaufen, Rennkerzen sind eingeschraubt, Vergasereinstellung stimmt für das trockene, kühle Wetter, Reifendruck ist nach Fahrerangabe vom Training her genau abgestimmt. Es kann also losgehen. Soeben werden mir noch 30 Sekunden bis zum Start angezeigt, und ich gebe in kurzen Intervallen Gasstöße, um den Motor warm und die Kerzen sauber zu halten. Die Nadel des Drehzahlmessers wippt zwischen 4000-5000-6000 U/min. Noch 5 Sekunden! Der Motor röhrt jetzt mit 6000 Umin, der erste Gang ist eingerückt, den ich ja nur dieses eine Mal zum Anfahren benötige. Jetzt fällt die Flagge - Mit schleifender Kupplung und immer stärker durchgetretenem Gaspedal komme ich in Fahrt. Nur nicht unter die Drehzahlgrenze von 6000 fallen, denn ich brauche das höchstmögliche Drehmoment. Der Motor jubelt im 1.Gang hinauf auf 8000 Umin. Nun 2. Gang rein, hochdrehen auf 8000, 3. rein und 4. Gang durchgezogen. Der Motor röhrt schwer unter dieser Beschleunigungs-Belastung. Bei 8000 in den 5. Gang - für Sekundenbruchteile nur, denn ich nähere mich mit 170 bis 180 km/h dem Einlaufbogen zur Südkehre. Und die ist schon manchem zu temperamentvollen Starter zum Verhängnis geworden. Kurz vor diesem Linksbogen herunter über den 4. und 3.Gang - das Spiel mit Zwischengas und Zwischenkuppeln beginnt. Der Motor heult auf, als er beim Herunterschalten kurz in den Überdrehzahlbereich gezwungen wird. Mit ca. 6000, das sind etwa 120 km/h, durchfahre ich den Linksbogen, ziehe den Wagen am Auslauf mit driftenden Vorder- und Hinterrädern weitmöglich nach links, um die Ideallinie für die nun sofort anschließende runde Rechtskurve zu bekommen. Nun halte ich die 6000 im 3. Gang und ziehe den Porsche mit stark wischenden Rädern durch den Bogen, mit den Vorderrädern leicht nach außen driftend. Im Auslauf ist der 4. Gang schon drin. Dann im 5. Gang die 800 Meter lange Gegengerade hinunter zur Linkskurve, die den Abschluß der Start- und Zielanlage des Rings bildet. Das Schaltmanöver von vorhin wiederholt sich, und mit 6000 U/min, also mit etwa 120 km/h, geht es durch die Nordkehre, die so heimtückisch sein kann, wenn man zu weit hinausgetragen wird. Hochgeschossen im 3. über das Brückchen in der Steigung zur ersten Hatzenbach-Kurve und höchste Konzentration dafür, den Wagen weit außen rechts ansetzen zu können, um weiterhin im Dritten in die bis jetzt im Radius engste Kurve einzufahren. Sie verträgt den 3. Gang, den ich für das anschließende Gefälle gut ausnützen kann. Das gewagte Fahrmanöver klappt! Schön rund und gar nicht sehr breitseits schiebend, kommt der Porsche um diese Linkskurve herumgeschossen; ich kann im 3. Gang voll beschleunigen und mich nun auf das Schlängelwerk der Hatzenbach-Serien gefaßt machen. Hinein in den 4. - hinauf mit der Drehzahl,soweit es geht. Mit Vollgas im Vierten wird die langgedehnte Rechtskurve zu einer Geraden gemacht. Weit schiebt der Porsche nach links hinaus - aber das ist genau richtig, denn jetzt muß auf der Ideallinie zweite Rechtskurve im Gefälle, die hundsgemein ist, angefahren werden. Vollgas im 4. bis ca. 80 Meter vor Kuveneinlauf,weg vom Gas für Sekundenbruchteile, leichter Lenkradausschlag nach rechts um den Wagen in Rechtsdrall zu bringen, dann mit Powerslide durch die Kurve. Den 4 fahre ich nun voll aus - 170km/h sind drauf- und mache den folgenden linken Kurvenbogen zu einer Geraden. Rechts herausgetragen zum Streckenrand, liege ich genau richtig für die folgende Links-rechts-Schlängel. Doch jetzt 3. rein, und ausdrehen bis 8200, denn zum Schalten in den 4. reicht es nicht mehr. Wieder links-rechts im Dritten, bei etwa 7000U/min oder ca. 130 km/h wird dieses gestreckte ¨S¨ voll durchfahren. Linkskskurve im 3., Drehzahl dabei zurück auf 6500= 125 km/h. Achtung! Bis jetzt hat es den Gesetzen der Schwerkraft entsprechend, in den Kurvenausläufen immer in die Richtung gedrückt, die zur Ideallinie führt. Jetzt aber kommt der Porsche aus der 125 km/h Linkskurve ¨falsch¨ heraus, ich muß mit kräftiger Lenkradarbeit das Fahrzeug zur linken Fahrbahn hinüberdrücken, um die folgende Rechtskurve bei Hoheichen mit optimaler Geschwindigkeit im 3. Gang bei 7000 bis 7500, also zwischen 130 und 140 km/h durchfahren zu können. Das gelingt. Mit voller Beschleunigung, den 3. ganz ausdrehend, steuere ich die sofort folgende Linkskurve an, die das Hatzenbach Kurvengeschlängel und damit den ersten Fahrabschnitt abschließt. Im 4., dann im 5. Gang fege ich über die Brücke hinweg. Quiddelbacher Höhe bei Kilometer 4 ist in Sicht; das heißt, ich sehe in der großen Steigung nur noch Himmel, weiß jedoch, daß über der Kuppe die Straße geradeaus geht. Also alles Gas drauf. Vom 4. in den 5. Gang. Raus. was das Zeug hält, denn jetzt kommt ein sehr schneller Nürburgring- Abschnitt. Am sogenannten Flugplatz tauchen bereits die zwei schnellen Rechtskurven auf. Die erste fahre ich ganz innen an, lasse mich hinaustragen bis zum äußersten linken Straßenrand, ziehe den Porsche wieder rechts herein zum Innenrand der zweiten Kurve und habe so aus den beiden eine einzige und sehr schnelle Rechtskurve gemacht, die ich mit 180 km/h verlasse. Im Auslaufgefälle geradeaus, in den 6. Gang, denn das schnellste Stück des Rings liegt vor mir. 245km/h sind drauf, mit 8400 Touren überdrehe ich den Motor leicht. Sekunden danach geht's jedoch voll in die Bremsen, gleichzeitig zurück in den 5. denn nun wird die Linkskurve am Schwedenkreuz bei äußerster Konzentration mit ca. 190km/h durchfahren. In dem Moment, da der Wagen sich stabilisierend, wieder geradeaus läuft, ist höchste Eile mit dem Herunterschalten, denn im Gefälle muß die scharfe Aremberg-Rechtskurve angebremst werden. Herunter über den 4. in den 3., durch die sehr scharfe Rechtskurve im Gefälle mit 120 bis 130, und dann durch die Poststraßenbrücke mit allem Braß hinunter durch die Fuchsröhre - ein schneller Wechsel von Rechts-Links-Kurven, die im 6. Gang mit 8000 U/min, also mit ca. 235km/h, zu einer einzigen Geraden werden. In der Senke werde ich von einer Riesenfaust in den Sitz gedrückt, ehe der Wagen die anschließende Steigung hinaufschnellt. Auf den letzten 200 Metern jetzt blitzschnell über 5. in den 4. Gang und bremsen, denn die folgende Linkskurve und die anschließende, noch schärfere Rechtskurve haben es in sich! Der Auslauf öffnet die Anfahrt zum Adenauer Forst. Mit aufheulendem Motor in den Zweiten! Die Links- Rechts- Folge verträgt nicht mehr. Jetzt bin ich innerhalb von 400 Metern vom 240km/h bis auf 70km/h herunter, da müssen Bremsen und Motor und Fahrwerk und Reifen alles hergeben, was drin ist. Im folgenden Gefälle extrem beschleunigend wieder bis zum 5. Gang, bei Metzgesfeld in den 4., herunter, dem Kallenhard zu in den 3. und herum um die trügerische Linkskurve, vor der eigentlichen Kallenhard-Kurve. Damit ist der Hochgeschwindigkeits-¨Abfahrtslauf¨ beendet. Ich fahre nun in den II. Ring-Abschnitt, in Rennfahrerkreisen ¨das Stück Wehrseifen¨ genannt, hinein. Die Kallenhard- Rechtskurve ist sehr scharf und im Gefälle liegend, also zurück auf den 2. Gang - durchgezogen - Drehzahl im Auslauf auf 8000 hochgedrückt - sofort in 3.- schnelles Bergabgeschlängel - hinein in den 4. Die zwei folgenden Rechtskurven zu einer einzigen gemacht und mit ca. 6000 bei etwa 155 bis 160 km/h hindurchgejubelt! Jetzt mit Fahrstuhlgefühl im Magen hinunter zur eigentlichen Wehrseifen. 2. Gang rein! Der Wagen schiebt im Gefälle wie irr, und im Powerslide geht es links herum um die Brückenecke, daß die Karosse an den Hecken schleift. 3. Gang! Die Nadel zittert auf 8000 hinauf. Herum um die Rechtskurve, und mitten darin in den 4. Gang. Hinunter ins Gefälle mit vollem Dampf zur Brücke bei Breitscheid, ganz innen links herumgezogen, und im 3.Gang bei der Ex-Mühle über den tiefsten Punkt der Strecke! Doch keine Pause, keine Erholstrecke, denn jetzt kommt bei km 10 in der Steigung die schärfere Rechtskurve, die in der Höchstbeschleunigung mit nach außen drängendem Wagen genommen wird. 4. Gang, 5. Gang, immer auf 8000 ausdrehend. 200 km/h sind zu erreichen, ehe die nach 700 Meter folgende äußerst scharf werdende Rechtskurve am Bergwerk kommt. Herunter mit dem Schaltknüppel über 4. in den 3. Gang, mit dem Bug des Porsche genau die günstigste Anfahrtlinie anvisierend. Mit ca. 110 bis 120 km/h wird das Bergwerk passiert und die freie Bergstrecke gewonnen. Der kurzrhythmische Wehrseifen-Abschnitt ist hinter uns! Abschnitt IV des Rings beginnt, von km 11 bis km 18 eine reine Bergrennstrecke mit kraß unterschiedlichen Kurvenfolgen. Rein in den 4., der Vierzylinder-Boxer soll jetzt zeigen, was er am Berg kann! 5. Gang, und mit vollem Zug die leichten Kurvenfolgen bis zum Kesselchen. 210 km/h sind gut drauf. Zwei namenlose Linkskurven kommen jetzt. Die erste, im 3. Gang, bietet keine Schwierigkeiten, doch in der zweiten kommt der Wagen mit allen vier Rädern von der Straße weg, macht einen weiten Satz über diesen Sprunghügel mitten in der Kurve. Und wehe, wenn der Porsche nicht schon vor dem Absetzen in die neue Richtung gebracht ist - er setzt unweigerlich falsch auf, und dann ist aus! Aber der Luftsprung mit Linksdrall ist geglückt. Nun die leichte Schlängelkurve weiter hinaufaufgeschossen... |
Fieberkurve des Nürburgrings Teil2
...Urplötzlich kündigt sich das berühmte Karussell an. Mit Vollbremsung und im 2.Gang an die Rechtskurve heran, herumgedreht um fast 180 Grad, im Auslauf in den 3., dann den Berg hinauf unter Vollgas in den 4.
Und da ist das eigentliche Karussell mit der Steilwandschräge! Der Motor heult auf, dann ist der 2.drin, und schon legt sich der Wagen stark nach links, denn in Schräglage geht es jetzt mit etwa 80 bis 90 Sachen um das vorbildlich ausgebaute Karussell. Nur ja nicht hinaustragen lassen über den Fahrbahnknick auf die fast ebene äußere Straßenseite, das würde den Wagen mit von der Bahn fegen! Doch schon ist das Ende der Haarnadel erreicht, der Porsche kippt zurück in Normallage, der Höhenflug zur Hohen Acht geht weiter. 3. und 4. Gang für die kommende Steigung. Der Motor arbeitet schwer, doch dann ist bei km 15 das leichte Kurvengeschlängel erledigt und des Nürburgrings höchster Punkt erreicht. Der typische Bergrennstrecken-Abschnitt ist Ende. Abschnitt VI - die unrhythmische Berg- und Talbahn - wird in Angriff genommen. Mit ca. 120 im 3. Gang aus der Hohen Acht kommend, geht es im 4. im Gefälle zum Wippermann. Einmal rechts herumgewischt, dann bei km 15,8 in den 3.; hinein in die im Gefälle liegende Eschbach-Kurve. Hinunter zum Brünnchen! Die Eingangs-Rechtskurve im 2. Gang angebremst. Dann im Steilabfall auf 100 Meter in den 3., vor der runden Bergaufkurve im Brünnchen zurück in den zweiten. Ich 'rühre' mit schlafwandlerischer Sicherheit in den Gangstufen herum, der Motor kommt aus den ständigen Drehzahlwechseln überhaupt nicht mehr heraus; in Sekundenschnelle zerrt die Zentrifugalkraft meinen Körper nach links, nach rechts - es ist wie in einem Hexenkessel. Nach der Brünnchen-Senke knapp für 100 Meter in den 3., sofort wieder 2. Gang, denn nun folgt der Pflanzgarten. Blitzschneller Wechsel links, rechts - ca. 90 sind bei 7600 U/min drauf. Gleich schließt sich schnelles Kurvengeschlängel an. Über den 3. wird der 4. Gang hineingezwungen, die Rechtskurve, bei km 17,2 wird im 4. Gang mit nur Halbgas bei ca. 150 km/h Geschwindigkeit genommen. Und dann geht es hinauf zum Schwalbenschwanz, vor dem der 5. Gang mit fast Höchstdrehzahl erreicht sein muß. Der berühmte Schwalbenschwanz beginnt mit einer leichten Rechtskurve, vor der zuvor der 4. Gang hineingedrückt wird. Dann folgt eine Linkskurve im 3. Gang. Anschließend etwa 50 Meter geradeaus im 4. Gang, sofort wieder 3. Gang. Und durch das sogenannte ¨kleine Karussell¨. hindurch, mit der diese markante Kurvenhäufung zu Ende ist. Nun gehts im 4. Gang mit ca. 150 bis 160 km/h bei km 19,3 um die scharfe Rechtskurve. Wie ein Geschoß schießt der Wagen in die große Gerade. Der Vierzylinder kann jetzt zeigen, was in ihm steckt. 5. und 6. Gang werden voll bis zur Höchstdrehzahl durchgezogen. Die Döttinger Höhe fliegt vorbei und damit km 20. Bis km 21,6 sind bei 8200 Umin 240 Spitze drin. Die Hecken, die die Gerade säumen, bilden bei der Geschwindigkeit grüne Mauern, und man meint, in einem schmalen Schlauch entlangzurasen. Da! In Sichtweite die Überführung nach der Antoniusbuche. Jetzt heißt es nochmals aufpassen; Leichter Linksknick, der die Gerade unterbricht, dazu kein Ausblick auf das folgende Stück! Mit unverminderter Spitze, den Wagen wie ein Flugzeug dirigierend, mit einem federleichten Lenkraddipp auf neuen Kurs gebracht - und röhrend und heulend fegen wir zum Tiergarten hinunter zur dortigen leichten Links-Rechts-Vollgaswindung, die im 6. mit ca. 220 km/h geschafft wird. Ich visiere nun das aus leichter Steigung heraus sichtbar werdende linke Brückengeländer über das Fahrerlager an, komme in dem Linksknick ganz innen vorbei, und schon öffnet sich die große Tribünenanlage. Das Ziel ist da, das Zielrichterhaus. Weit zur rechten Fahrbahnseite hinausgetragen, durchrase ich die Ziellinie. Während ich aus dem Cockpit aussteige, zeigt mir jemand den Chronometer: 9:00,1 Minuten. Das ist an der Schwelle zur Traumzeit, das sind 152,03 km/h Rundendurchschnitt! Man muß sie heutzutage fahren, um bei Grand-Prix-Rennen überhaupt dabei zu sein. Man muß sogar um etliche, unglaublich schwer hereinzuholende Sekunden und Zehntelsekunden schneller sein, will man einen Großen Preis auf dem Nürburgring gewinnen. Toll, oder?! :) |
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