Trotz neuer Modelle fehlt Porsche der Rückenwind
Die Aktie des Tages: Analysten sehen bei dem Titel wenig Kurspotenzial
von Philip Jürgens
Wenn Sportwagenfreunde an Porsche denken, haben sie meist ein bestimmtes Modell vor Augen: den 911er. Seit der Rennwagen im Jahr 1963 vorgestellt wurde, hat er das Gesicht des Porsche-Konzerns geprägt wie kein anderes Fahrzeug. Deshalb warten Autofans und Investoren gespannt auf den morgigen Samstag. Denn dann bringt Porsche europaweit die sechste 911-Baureihe auf den Markt. Monate früher als ursprünglich geplant, um das lahmende Sportwagengeschäft anzukurbeln.
Zwar verzeichnet Porsche im laufenden Geschäftsjahr, das am 31. Juli endet, ein Absatzplus. Zu verdanken haben die Zuffenhausener den Erfolg aber vor allem dem Cayenne. Die guten Verkaufszahlen des Geländewagens machten die Einbußen im Geschäft mit den beiden anderen Baureihen wett: Beim 911er ist der Absatz um 20 Prozent eingebrochen und lag bei knapp 19*000 Fahrzeugen. Der Boxster wurde mit 10*500 Einheiten rund ein Drittel weniger verkauft als ein Jahr zuvor. Dank des Cayenne schaffte es Porsche jedoch in den ersten zehn Monaten insgesamt rund 61*500 Fahrzeuge an den Mann zu bringen -18 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Den Umsatz steigerte der Konzern zwischen August 2003 und Mai 2004 im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent auf fünf Mrd. Euro.
Das selbst gesteckte Absatzziel von 75*000 Fahrzeugen bis zum Ende des Geschäftsjahres wird Porsche Analysten zufolge um circa 2000 Einheiten übertreffen. "Auch Rekordzahlen bei Umsatz und Gewinn sind reine Formsache", sagt Fabian Kania, Analyst beim Helaba Trust. Mit dem neuen 911er und dem neuen Boxster, der im September auf dem Pariser Autosalon vorgestellt wird, sollten von Herbst an auch die Absätze im Sportwagensegment wieder nach oben zeigen. Negativ sehen Analysten einzig die Tatsache, dass innerhalb der Cayenne-Baureihe der kleinere Sechs-Zylinder-Motor die größten Wachstumsraten verzeichnet und somit dem großen Bruder mit acht Zylindern die Käufer wegnimmt.
Trotz der überwiegend guten Nachrichten aus dem Unternehmen sieht Michael Punzet, Analyst bei der Landesbank Rheinland Pfalz, nur wenig Potenzial für den Aktienkurs des Sportwagenherstellers. Das Papier, das Ende Juni mit 588 Euro sein Allzeithoch erreichte und zurzeit 523 Euro kostet, sei fair bewertet. "Bis Jahresende wird sich Porsche schwächer entwickeln als der Dax", sagt Punzet. Das meint auch Kollege Kania. Bevorstehende Zinserhöhungen auf dem wichtigen US-Markt und eine weitere Abwertung des Dollars seien Belastungsfaktoren für die Porscheaktie. Vor dem Hintergrund der stattlichen Bewertung und den Kursteigerungen der vergangenen Monate empfiehlt Kania den Anlegern, die Porsche-Aktie unterzugewichten und sieht das Kursziel bei 500 Euro. Entscheidend für die weitere Entwicklung werde sein, wie die neuen Modelle beim Käufer ankommen. Damit liegt auch das Augenmerk der Investoren auf dem Fahrzeug, das seit jeher die meisten Blicke auf sich zieht: dem Porsche 911.
http://www.welt.de/data/2004/07/16/305861.html
Artikel erschienen am 16. Juli 2004