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Alt 26.06.2004, 03:33
Benutzerbild von andreas 1,2 & 3,2
andreas 1,2 & 3,2 andreas 1,2 & 3,2 ist offline
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andreas 1,2 & 3,2 befindet sich auf einem aufstrebenden Ast
Pfeil 6 Zylinder - sticht!

ein schöner zeitungsartikel:



OCR hamma ja auch noch:

Es waren Dialoge von äußerster Kargheit, die wir damals führten. Männergespräche, aufs Notwendigste reduziert: „203 PS." „140." „Hubraum 1077 Kubik." „993." „Sechs Zylinder. Erster im Stechen." „Gehe mit." „Acht Zylinder!" „Mist, nur sechs." „O, der 911er! Vielen Dank." „Klappe. Du bist dran."

Kurz, präzise und vor allem leise mussten die Informationen ausgetauscht werden, denn während unter der Schulbank die Spielkarten mit Renault Alpine, Ford Granada und Opel Rekord ihre Besitzer wechselten, wurden an der Tafel komplizierte Gleichungen gelöst. Im ungünstigsten Fall geriet der komplette Fahrzeugbestand in die unfachmännischen Hände des Mathelehrers. Doch ein Trost blieb: Wenn am Ende des Schuljahrs die Zeugnisse verteilt wurden, gab es auch die konfiszierten Spielkarten zurück.

Dass beim Autoquartett, anstatt brav die Kärtchen 2a, b, c und d zu samrneln, stakkatoartig mit Leistungsdaten gepunktet wird, hatten die Väter des Spiels anfangs gar nicht beabsichtig. Dies dokumentiert die Sonderausstellung „50 Jahre Autoquartett" des Deutschen Spielkartenmuseums in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart. Museumsleiterin Annette Köger-Kaufmann hat Autoquartette aus fünf Jahrzehnten zusammengetragen. Mehr noch: Sie hat sogar den Erfinder des Spiels ausfindig gemacht.

Werner Seitz, Mitarbeiter der Altenburger Stralsunder Spielkartenfabriken AG (ASS), wurde vom damaligen Verkaufsleiter im Jahr 1952 mit der Entwicklung eines neuartigen Kartenspiels betraut. Als Vorbild sollte ihm das Spiel „Rennen - Rennfahrer - Rekorde" dienen, ein Quartett aus den 30er Jahren, das Rennsportgrößen der damaligen Zeit abbildete. Seitz' Idee war es, an Stelle der Fahrer die Autos in den Vordergrund zu rücken. Und zwar mit Typ, PSZahl, Hubraum und Höchstgeschwindigkeit. Allerdings hatte der ASS-Vorstand zunächst Bedenken gegen dieses .Konzept. Man fürchtete „um die Seriosität der Spielkarte". Durchaus nahe liegend, galt es doch bei den bis dahin gängigen Quartetten „Große Dichter deutscher Zunge" zu sammeln oder „Tierarten am Waldessaum" in die richtige Reihenfolge zu bringen.

Die Idee, nicht bürgerliches Bildungsgut, sondern profane Technik zum Thema eines Quartetts zu machen, war völlig neu - und sie wurde erfolgreich. Vom ersten Autoquartett, das zum Preis von 2,90 Mark - was dem Preis für ein gutes Buch entsprach - angeboten wurde, verkauften sich gleich drei Auflagen. Schnell folgen weitere Autoquartette von ASS. In den 70er und 80er Jahren nahm die Zahl der Anbieter zu, und sie warfen jährlich 30 bis 40 neue Spiele in zigtausender-Auflagen auf den Markt.

Dass die Spielweise eine Eigendynamik hin zu schneller, stärker, schwerer entwickelte, merkten die Spielkartenhersteller rasch. Doch die Spielanleitungen der trivialen Realität anpassen, wollten sie zunächst nicht. Rein optisch jedoch zollten sie der Entwicklung mehr und mehr TrIbut und rückten die Leistungsdaten stärker in den Vordergrund. Quartette aus den 60ern listeten PS-Zahl, Höchstgeschwindigkeit und Hubraum bereits tabellarisch auf, und in den 70em, der Blütezeit des Autoquartetts, machten dann die Titel der Quartette wie „Super-PS", „200-km/h-Sportwagen '72" oder „PS-Rennwagen '72" deutlich, worum es ging.

Die Väter des Autoquartetts schätzten ihre Zielgruppe von Beginn an richtig ein: „Ein richtiges Jungenspiel", versprach, ganz im Stil der Zeit, ein Prospekttext aus dem Jahr 1952, „und die werden es dann den Mädchen beibringen." Die allerdings zeigten sich nur ausnahmsweise interessiert. In den meisten Schulklassen der 70er Jahre machte eher mal ein Junge beim Gummitwist mit, als dass ein Mädchen ein Autoquartett anrührte.

Was ist geblieben von unserem lustvollen Abfragen von PS- und Zylinderzahlen in der Schulzeit? Ein unauslöschliches und vollkommen nutzloses Wissen über Autos, die längst von den Straßen verschwunden sind. Und die bleibende und stets aktuelle Erkenntnis, dass es das perfekte Auto nicht gibt. Jedes hat seine Achillesferse: Zylinderzahl, Baujahr oder Gewicht- jedes ist irgendwo zu packen. Manchmal, an der Ampel, wenn ich mit meinem Passat neben einem 911er stehe, huscht mir ein Lächeln übers Gesicht. „Sechs Zylinder. Erster im Stechen", denke ich da. Oder, besser noch: „Gewicht 1520 Kilo." Und schon gehört der Porsche mir.

Michael Rehm


__________________
... und wieder ein unqualifizierter beitrag vom andreas


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