Einzeltest: Porsche 911 GT2
Nur fliegen ist schöner
Er ist leichter und noch stärker als der Turbo - der Porsche 911 GT2 verzichtet kompromisslos auf alles, was nicht der Dynamik des sportlichen Fahrens dient.
Das schlichte Interieur stammt aus dem Basis-Elfer
Wenn Porsche einen Sportwagen abspeckt, bekommt der Kunde weniger Ausstattung und bezahlt dafür einen höheren Preis. Das neue Topmodell GT2 kostet rund 100.000 Mark mehr als ein Porsche Turbo, und seine Sportlichkeit ist zunächst Verzicht. Weg mit dem gewichtsintensiven Allradantrieb, weg mit den hinteren Notsitzen, weg mit Schnickschnack wie elektrischer Sitzverstellung oder Navigationssystem. Und selbst Klimaautomatik und Radio gibt es – ohne Aufpreis – nur auf Wunsch.
Soviel Verzicht für 339.000 Mark? Falsch. Für den geforderten Kaufpreis steht der stärkste Serien-Porsche aller Zeiten vor der Tür. Größere Turbolader, ein effizienterer Ladeluftkühler und eine geänderte Führung der Ansaugluft sorgen für 462 PS (Turbo: 420 PS) bei einer gleichzeitigen Gewichtsabnahme um rund 100 Kilogramm. Das bedeutet, dass jede GT2-Pferdestärke mit nur 3,14 Kilogramm fertig werden muss: Da tickt eine Bombe auf vier Rädern.
Dennoch ist der GT2 kein wildes Tier geworden, sondern ein überraschend ziviler Sportwagen, dessen Motor sich auch bei niedrigen Drehzahlen im Stadtverkehr völlig unkapriziös benimmt. Allein der Porsche-Ton des aufgeladenen Sechszylinder-Boxers tritt etwas aggressiver in Erscheinung als beim Turbo, ohne allerdings zur Show zu werden. Wenn der Fahrer das Zusammenspiel von Gas und Kupplung beherrscht, gleicht der Start eines GT2 einer Explosion. 4000/min, Kupplung kommen lassen. Die mächtigen Reifenwalzen an der Hinterachse drehen nur kurz durch, dann packen sie den Asphalt mit gandenlosen Grip und katapultieren den Porsche nach vorn: 13,1 Sekunden von null auf 200 km/h sind ein Fabelwert, und wenn die Tachonadel die 300-km/h-Marke streichelt, hat der GT2 einem Turbo über 20 Sekunden abgenommen. Schluss ist schließlich bei 315 km/h, wenn der Motor an seine Drehzahlgrenze stößt, aber auch bei Topspeed läuft der areodynamisch verfeinerte GT2 noch beruhigend geradeaus.
Ohne Tücken ist auch das Kurvenverhalten, vorausgesetzt, der Fahrer kennt seine Grenzen. Keine Frage, der GT2 braucht eine kundige Hand und eine gute Portion Charakter, denn anstelle elektronischer Hilfen – ESP und Antriebsschlupfregelung gibt es nicht – stabilisiert ein Sperrdifferenzial bei Lastwechseln in schnell gefahrenen Kurven. Und sonst? Die Lenkung vermittelt sehr präzisen Fahrbahnkontakt, die serienmäßigen Keramik-Bremsen sind sehr gut dosierbar und verzögern mit brachialem Nachruck.
Porsche as its best also. Und deshalb werden die Kunden wohl wieder Schlange stehen – die Jahresproduktion beträgt nämlich gerade mal 400 bis 500 Exemplare. Für zahlungskräftige Interessenten, die nicht gleich zum Zug kommen, hält Porsche übrigens eine Beruhigungspille parat: Die Auflage des GT2 ist nicht limitiert.
Wertung
Mit dem GT2 legt Porsche die Messlatte für Sportwagen. Seine fahrdynamischen Eigenschaften erfüllen höchste Ansprüche. Elektronik, die Fahrfehler ausbügelt, gibt es nicht. Der GT2 ist deshalb ein Auto, dessen Potenzial nur routinierte Fahrer ausschöpfen können.
gute Verarbeitungsqualität
straffe, aber harmonisch abgestimmte Federung
außergewöhnliche Beschleunigung und Elastizität
sehr hohe Kurvenstabilität
ausgezeichnete Traktion
erstklassige Bremsen mit außergewöhnlicher Standfestigkeit
im Grenzbereich hohes Fahrkönnen erforderlich
sehr hoher Anschaffungspreis
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